Es fängt ganz harmlos an. Dein Kind sitzt auf dem Boden, kippt eine Kiste voller Duplo-Steine aus, schaut dich erwartungsvoll an und du denkst dir: „Okay, ich helfe mal kurz beim Bauen.“ Vielleicht ein einfacher Turm, eine kleine Garage für das Spielzeugauto oder ein klappriges Häuschen – nichts Kompliziertes, nur ein bisschen Beschäftigung für den Nachwuchs.
Doch dann passiert es.
Während dein Kind fröhlich die Steine aufeinander stapelt – natürlich völlig planlos und ohne jegliches architektonische Konzept – fängt dein Gehirn an zu arbeiten. „Moment mal“, denkst du, „das geht doch auch stabiler.“ Deine Hände greifen automatisch nach den nächsten Steinen, du beginnst, die Bauweise deines Nachwuchses unauffällig zu optimieren, machst das Fundament etwas breiter, verstärkst die Wände. Dein Kind freut sich, dass Papa mitspielt, du erklärst stolz: „Schau mal, so fällt es nicht um!“ – als hätte dein Einjähriger bereits ein Interesse an statischer Perfektion.
Doch damit nicht genug. Dein Ehrgeiz ist geweckt.
„Eigentlich könnte ich ja mal eine richtige Burg bauen“, denkst du, während deine Hände längst dabei sind, Türme zu errichten. Eine Zugbrücke wäre auch nicht schlecht. Vielleicht sogar ein Innenhof. Und ein Verlies für die bösen Duplo-Tiere, falls dein Kind später auf Rittergeschichten steht. Du greifst in die Kiste, suchst gezielt nach passenden Bauteilen, während dein Sohn neben dir sitzt und mit einem einzelnen Stein auf den Boden klopft, als würde er überlegen, warum Papa plötzlich so in Fahrt gekommen ist.
Doch dann kommt der Moment, in dem du merkst, dass ihr unterschiedliche Ziele verfolgt. Während du noch an der perfekten Anordnung der Fenster arbeitest, entscheidet dein Kind, dass der beste Spielspaß immer noch das Zerstören ist. Ein gezielter Handgriff, ein entschlossenes Lachen – und deine mit Liebe aufgebaute Konstruktion stürzt in sich zusammen. Du siehst fassungslos zu, während du innerlich protestieren willst: „Aber… das war doch gerade perfekt ausbalanciert!“ Doch dein Kind klatscht begeistert in die Hände und fordert: „Nochmal!“
Also gut, nächster Versuch. Diesmal mit noch stabileren Wänden.
Doch dann geschieht das Unvermeidliche: Dein Kind verliert das Interesse. Während du noch mitten im Bauprozess steckst, schnappt es sich ein anderes Spielzeug, rollt mit einem Auto durchs Wohnzimmer oder entdeckt, dass es gerade viel lustiger ist, auf der Couch herumzuklettern. Du sitzt derweil zwischen den Duplo-Steinen, die Burg halb fertig, und überlegst, ob du sie nicht doch noch kurz zu Ende baust – nur für dich.
Plötzlich ertappst du dich dabei, wie du nach den perfekten Bauteilen suchst, eine Strategie überlegst, die Bauweise noch weiter optimierst. Du schaust auf die Uhr und stellst fest, dass du die letzten zwanzig Minuten alleine weitergebaut hast, während dein Kind längst mit ganz anderen Dingen beschäftigt ist.
Und genau in diesem Moment wird dir klar: Duplo ist nur der Anfang.
Denn spätestens, wenn dein Kind älter wird und das erste richtige Lego-Set ins Haus kommt, ist es vorbei. Dann wirst du dich wieder dabei erwischen, wie du eigentlich nur „helfen“ wolltest, aber plötzlich mitten in einem komplexen Bauprojekt steckst. Erst ein kleines Haus, dann ein Auto, dann ein ganzer Stadtteil. Und irgendwann sitzt du abends da und baust alleine weiter, weil es dich einfach nicht loslässt.
Doch bis es so weit ist, sitzt du erstmal auf dem Boden, zwischen verstreuten Duplo-Steinen, mit einer halb eingestürzten Burg und der Erkenntnis, dass Spielzeug für Kinder vielleicht entwickelt wurde – aber Väter mindestens genauso viel Spaß daran haben.
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