Es gibt Orte, die dich für immer prägen. Für mich ist das der Bauernhof, auf dem ich aufgewachsen bin. Nicht irgendein Ort auf der Landkarte – sondern ein Stück Kindheit, ein Stück Identität, ein Platz voller Erinnerungen, Arbeit, Natur, Freiheit, Dreck, Tiere und Stille.
Heute lebt und arbeitet dort meine Schwester – sie führt den Hof Underraebe mit Herz, Schweiss und einem tiefen Verständnis für alles, was Landwirtschaft ausmacht. Und ich bin unendlich froh, dass dieser Ort weiterlebt – nicht nur in meiner Erinnerung, sondern auch ganz real.
Seit ich Vater bin, ist ein Wunsch in mir immer stärker geworden: Ich will meinem Sohn zeigen, wo ich herkomme. Nicht nur geografisch – sondern emotional. Ich will, dass er versteht, dass sein Papa nicht in einem Reihenhaus grossgeworden ist, sondern zwischen Hühnern, Kuhmist und frischer Kuhmilch. Ich will, dass er den Boden unter den Füssen spürt, nicht nur Gummi am Spielplatz.
Wenn wir heute den Hof besuchen, sehe ich in seinem Blick dieselbe Neugier, dieselbe Aufregung, die ich als Kind hatte. Traktoren sind für ihn natürlich das Grösste – keine Überraschung. Aber auch die kleinen Dinge faszinieren ihn: Das Füttern der Tiere, das Beobachten der Kühe und Pferde, das Klettern auf den Heuballen, das Pflücken eines Apfels direkt vom Baum.
Und ich merke, wie gut es ihm tut. Weg vom Bildschirm, weg vom Verkehrslärm, rein in die Natur. Es geht nicht darum, dass er „lernen“ soll, wie Landwirtschaft funktioniert. Es geht darum, dass er erlebt, was echte Arbeit bedeutet. Dass er sieht, wie viel Herzblut in jedem Liter Milch, in jedem Gemüse steckt. Und dass er versteht, dass nicht alles selbstverständlich ist.
Für mich ist es mehr als nur ein nostalgischer Ausflug. Es ist ein kleines Zurückgeben. An meine Wurzeln. An meine Familie. Und vielleicht auch ein Stück an mich selbst. Denn in dem Moment, in dem ich meinem Sohn den Stall zeige, in dem ich früher jeden Morgen Heu geschleppt habe, bin ich wieder ein bisschen Kind.
Ich glaube fest daran, dass solche Erlebnisse bleiben. Auch wenn er sich später nicht an jedes Detail erinnern wird – das Gefühl wird bleiben. Dass es Orte gibt, an denen alles langsamer läuft. An denen man mit den Händen arbeitet. Und an denen es völlig egal ist, ob man gerade saubere Kleider trägt.
Der Hof ist kein Museum, sondern gelebte Geschichte. Unsere Geschichte. Und ich bin dankbar, dass ich sie weitergeben darf – nicht als Heldengeschichte, sondern als das, was sie ist: echt, erdig, einfach.
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