
Männer und Gartengeräte – Warum Väter plötzlich zum Landschaftsgärtner mutieren
Es fängt harmlos an. Vielleicht mit einem Gedanken wie „So eine kleine Feuerstelle im Garten wäre doch ganz nett.“ Ein gemütliches Plätzchen für laue Sommerabende, ein paar Würstchen grillen, ein bisschen in die Flammen starren, während das Kind Marshmallows ins Feuer hält, bis sie aussehen wie ein verkohltes Stück Kohle. Eine simple Idee, die – in der Theorie – nicht viel Aufwand bedeutet. In der Praxis sieht das allerdings ganz anders aus.
Denn natürlich bleibt es nicht bei einem einfachen Feuerschälchen auf der Wiese. Nein, wenn man es macht, dann richtig. Also wird erstmal recherchiert. Schnell stellt man fest, dass eine ordentliche Feuerstelle natürlich ein solides Fundament braucht. Man kann ja nicht einfach Steine auf die Wiese legen, das wäre ja Pfusch! Also ab in den Baumarkt. Beton besorgen, Kies organisieren, Schaufel rauskramen. Man steht an der Kasse, die Hände auf den Wagen gestützt, der mit 50-Kilo-Säcken Zement beladen ist, und denkt sich: „Geht doch noch. So schwer kann das nicht sein.“
Erste Fehleinschätzung.
Spätestens beim Anmischen des Betons merkt man, dass man nicht mehr 20 ist. Irgendwann steht man knöcheltief im halbfesten Matsch, die Arme brennen vom Mischen, und plötzlich wird klar, warum Profis dafür Maschinen haben. Aber egal, durchziehen. „Einmal richtig machen“, murmelt man sich selbst zu, während der Rücken langsam die ersten leisen Proteste anmeldet. Die Familie schaut neugierig zu, während Papa sich in einen schweißglänzenden Bauarbeiter verwandelt, der mit stoischer Miene eine Wasserwaage in der Hand hält, als würde er an einem römischen Aquädukt arbeiten.
Dann kommen die Steine. Vier Lagen, sauber aufeinander geschichtet. Logisch, denn wenn schon, dann ordentlich. Als hätte man die leise Stimme des inneren Faulpelzes überhört, der noch vor Tagen geflüstert hatte: „Eine kleine Feuerstelle reicht doch.“ Jetzt steht man da, hebt Stein für Stein, richtet aus, schleppt, flucht, staubt sich ab, hebt wieder – und merkt irgendwann, dass die Schwerkraft gnadenlos ist. Denn spätestens nach der zweiten Schicht fühlt sich jeder Stein an, als wäre er doppelt so schwer wie vorher. Und dann kommt der Moment, in dem man sich aufrichtet, tief einatmet und … Zack. Der Rücken schickt eine deutliche Botschaft.
„Hast du vergessen, dass du nicht mehr 25 bist?“ fragt der Körper. Man ignoriert es, arbeitet weiter, richtet sich irgendwann erneut auf – und plötzlich fühlt sich der untere Rücken an, als hätte jemand einen Schraubstock angezogen.
Aber aufhören? Niemals. Denn wenn man als Vater eines gelernt hat, dann das: Ein angefangenes Projekt wird durchgezogen. Also weitermachen, Schultern zurück, Zähne zusammenbeißen. Und dann, Stunden später, ist sie fertig. Die Feuerstelle. Man tritt zurück, wischt sich den Staub von den Händen und betrachtet das Werk. Ein leiser Hauch von Stolz steigt auf. Die Schmerzen im Rücken? Nebensache. Dass morgen vermutlich kein Muskel mehr so funktioniert, wie er soll? Zukünftiges Problem.
Doch kaum ist das Meisterwerk vollbracht, kommt die Erkenntnis: Eigentlich bräuchte der Garten noch ein bisschen Feinschliff. Vielleicht eine gepflasterte Fläche um die Feuerstelle herum? Oder ein paar Sitzbänke? Ein Hochbeet wäre auch nicht schlecht. Und war der Rasen schon immer so uneben? Vielleicht sollte man mal einen Vertikutierer ausprobieren. Vielleicht sogar einen Rasentraktor? Nur um zu schauen.
Und genau hier beginnt es – dieses Phänomen, das viele Väter im Laufe ihres Lebens ereilt: Der Übergang vom gelegentlichen Heimwerker zum selbsternannten Landschaftsgärtner.
Plötzlich entdeckt man die Welt der Hochdruckreiniger, Rasenroboter und Akku-Heckenscheren. Man fängt an, YouTube-Tutorials über Pflastersteine zu schauen und erwischt sich dabei, dass man sich ernsthaft für die Unterschiede zwischen Gas- und Benzin-Rasenmähern interessiert. Man beginnt, Sätze zu sagen wie: „Ein guter Spaten ist die halbe Miete!“ oder „Ich brauche noch einen ordentlichen Schubkarren.“ Dinge, die man früher niemals gesagt hätte, werden plötzlich Teil des eigenen Vokabulars.
Die Familie bemerkt die Veränderung als Erstes. „Papa, warum hast du dir eine Motorsäge gekauft?“ fragt das Kind unschuldig. Man will gerade erklären, dass man eigentlich nur eine einfache Reparatur machen wollte, als der Blick auf den Garten fällt. Plötzlich gibt es tausend Dinge, die noch erledigt werden müssen. Vielleicht wäre ein eigener Holzschuppen nicht schlecht. Und warum steht da eigentlich kein Smoker neben der Feuerstelle? So ein richtig großes Grillfass, in dem man Rippchen 12 Stunden lang auf Niedrigtemperatur garen kann – das wäre doch was!
Und so beginnt die nächste Baustelle.
Denn am Ende ist es immer das Gleiche: Ein kleines Projekt führt zum nächsten. Erst ist es eine Feuerstelle, dann ein Pflasterweg, dann eine Terrasse. Und irgendwann steht man mit einer Kettensäge in der Hand im Garten und fragt sich, wie zur Hölle das eigentlich alles angefangen hat.
Aber es gibt eine Sache, die all das entschädigt: Wenn man sich am Ende des Tages, mit schmerzenden Muskeln und einem wohlverdienten Bier, vor sein Werk setzt, das Feuer knistert und man sich denkt: Verdammt, das sieht gut aus.
Selbst wenn man am nächsten Tag vor Muskelkater kaum aus dem Bett kommt.