Schlafen wird überbewertet – Die Wahrheit über Nächte mit Kleinkindern

von | März 2, 2025 | Nachwuchs | 0 Kommentare

Bevor ich Vater wurde, dachte ich, Schlafentzug sei eine Foltermethode aus düsteren Spionagefilmen. Heute weiß ich: Die eigentlichen Experten für Schlafentzug sind Kleinkinder.

Es gibt diese naive Hoffnung, dass man Schlaf nachholen kann. Vielleicht am Wochenende, vielleicht im Urlaub. Und dann kommt eine Nacht, in der dein Kind beschließt, dass Schlaf einfach überbewertet wird. Es ist todmüde, du bist todmüde, aber irgendwas in diesem kleinen Körper sagt: „Papa, du brauchst das nicht. Ich hab eine bessere Idee!“

Genau so eine Nacht hatten wir. Familienurlaub, fünfte Nacht, völlige Erschöpfung auf allen Seiten – und ein Kind, das partout nicht schlafen wollte. Und so standen wir irgendwann mitten in der Nacht im Bällebad, während draußen die Welt schlief und wir uns fragten, wo genau unser Leben falsch abgebogen war.

Der Familienurlaub hatte eigentlich gut angefangen. Klar, mit einem Kleinkind ist nichts wirklich entspannt, aber wir hatten uns halbwegs arrangiert. Die Nächte waren anstrengend, aber irgendwie machbar. Doch dann kam diese fünfte Nacht, die alles toppte. Unser Sohn war hundemüde, die Augen fielen ihm fast zu, er rieb sich sein kleines Gesichtchen, gähnte, kuschelte sich an – und genau in dem Moment, in dem wir dachten „Jetzt schläft er!“, riss er die Augen wieder auf und setzte sich aufrecht hin, als hätte ihn jemand mit einer neuen Energiequelle verbunden. Von null auf Party-Modus in einer Sekunde.

Ich probierte alles. Streicheln, summen, sanftes Wippen. Erst im Bett, dann auf dem Arm, dann auf dem Balkon, dann wieder im Bett. Nichts. Er lag da, blinzelte mich an, gähnte – und blieb hellwach. Meine Frau übernahm. Gleiches Spiel. Die Stunden verstrichen, erst Mitternacht, dann ein Uhr, dann zwei Uhr. Jeder, der behauptet, Eltern sollten ruhig bleiben, weil Kinder Stress spüren, hat noch nie um drei Uhr morgens mit blutunterlaufenen Augen ein übermüdetes Kind ins Bett geflüstert.

Irgendwann kippte die Stimmung von Verzweiflung in totale Akzeptanz. Wenn er eben nicht schlafen wollte, dann halt nicht. Vielleicht würde das Universum uns mit einer spontanen Lösung segnen. Und so kam es, dass wir um drei Uhr nachts, in absoluter Kapitulation vor den Umständen, beschlossen, ins Hotel-Bällebad zu gehen.

Stell dir vor: Zwei komplett übermüdete Eltern, ein aufgekratztes Kleinkind, und ein Meer aus bunten Plastikbällen. Mein Sohn strahlte, als hätte er gerade das Paradies betreten, während wir lethargisch zwischen den Bällen hingen und uns fragten, ob wir eigentlich noch zurechnungsfähig waren. Ich meine, wer macht so was? Wer geht mitten in der Nacht ins Bällebad, weil sein Kind nicht schlafen will?

Es war eine absurde Mischung aus Wahnsinn und Humor, und irgendwann gegen sechs Uhr morgens, als der erste Sonnenstrahl durch das Fenster fiel, kippte er dann doch um. Wir trugen ihn ins Bett, völlig ausgelaugt, mit dem Wissen, dass wir in wenigen Stunden wieder aufstehen mussten.

Schlafmangel ist eine eigene Dimension der Elternschaft. Es ist nicht einfach nur Müdigkeit, es ist ein Zustand, in dem man Dinge tut, die man vorher für unmöglich gehalten hätte. Man findet sein Handy im Kühlschrank, gießt sich kaltes Wasser in die Kaffeetasse, weil das Hirn „Flüssigkeit!“ schreit, geht in einen Raum und hat vergessen, warum. Irgendwann hört man sogar Phantom-Babygeschrei, selbst wenn das Kind tatsächlich schläft.

Und das Schlimmste ist dieser Mythos, dass man Schlaf nachholen kann. Dass man irgendwann wieder „ausgeschlafen“ sein wird. Spoiler: Nein. Schlaf funktioniert nicht auf Kreditbasis. Wenn man ein Jahr lang kaum schläft, kann man das nicht an einem Wochenende ausgleichen. Aber das Beste daran? Es geht vorbei. Irgendwann. Hoffentlich.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Babys eine unfassbare Fähigkeit haben, Eltern an den Rand des Wahnsinns zu treiben – und dass man sein Kind in solchen Momenten gedanklich auf den Mond schießen darf. Man sollte es nur nicht wirklich tun.

Falls du also heute Nacht schlaf bekommst, genieße ihn. Falls nicht – bleib stark. Kaffee ist dein Freund. Und irgendwann, in ferner Zukunft, wirst du vielleicht sogar drüber lachen. Vielleicht.

 

 

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