Mit Kleinkind das Haus verlassen: Warum jeder Ausflug eine kleine Weltreise ist

von | Apr. 13, 2025 | Gedankensalat, Nachwuchs | 0 Kommentare

Es klingt so einfach. „Wir gehen gleich raus.“ Drei Wörter, gesprochen mit der festen Überzeugung, dass man das Haus bald verlassen wird. In deinem Kopf dauert das Ganze vielleicht fünf Minuten: Kind anziehen, Jacke schnappen, Schuhe an – und los geht’s.

Was du dabei nicht berücksichtigst: Du hast ein Kleinkind. Und ein Kleinkind lebt in einer völlig anderen Zeitzone.

Allein der Start kann sich ziehen. Du kündigst an, dass ihr gleich rausgeht – dein Kind schaut dich an, nickt vielleicht sogar. Du freust dich innerlich über diese Kooperation, öffnest voller Tatendrang den Kleiderschrank… und dann beginnt es. Dein Kind will nicht diese Hose. Auch nicht die andere. Es will die kurze Hose mit den Dinosauriern – im Februar. Und Socken sind heute offenbar illegal.

Du versuchst zu verhandeln. Erklärst, dass es draussen kalt ist. Dass man Socken braucht. Dass man ohne Hose nicht raus kann. Dein Kind hört dir zu – und zieht sich in genau diesem Moment das Oberteil wieder aus, das du ihm eben mühsam über den Kopf gezogen hast.

Während du innerlich bis zehn zählst, realisierst du: Du hast noch nicht mal die Schuhe erwähnt.

Irgendwann, nach gefühlt zwei diplomatischen Weltkrisen, steht das Kind endlich halbwegs angezogen da. Du atmest durch, öffnest die Haustür – und genau in dem Moment fällt ihm ein, dass es unbedingt noch seinen Bagger mitnehmen muss. Den, der irgendwo unter dem Sofa liegt. Oder im Kinderzimmer. Oder in einer anderen Dimension. Du suchst ihn, findest ihn, gibst ihn dem Kind – und es entscheidet sich um: „Doch lieber den Traktor.“

Du schaust auf die Uhr. Ursprünglich wolltet ihr „kurz nach neun“ los. Es ist inzwischen halb elf.

Aber du gibst nicht auf. Jetzt bloß nicht. Ihr habt’s fast geschafft. Du hast dein Kind endlich im Flur, ziehst dir selbst die Schuhe an, willst gerade die Tür hinter euch schliessen – da kommt der Satz: „Ich muss aufs Töpfchen.“

Natürlich.

Also wieder rein. Schuhe aus, Jacke aus, Windel oder Toilette, je nachdem. Danach nochmal alles von vorne. Und beim zweiten Versuch klappt’s. Fast. Bis zum Moment, in dem dein Kind sich auf dem Weg zum Auto in die Pfütze setzt. Mit voller Überzeugung.

Und du stehst da, mit der Tasche voller Snacks, Feuchttücher, Ersatzklamotten und der ernüchternden Erkenntnis: Das war der einfache Teil.

Denn unterwegs kann alles passieren. Hunger, Durst, Streit, Müdigkeit, Wutanfall über die falsche Trinkflasche, Panik, weil der Kuscheltier-Elefant im Auto vergessen wurde, der unbändige Wunsch, die Straße rückwärts zu überqueren – und natürlich der Klassiker: „Ich will heim.“

Und trotzdem machst du es wieder. Immer wieder.

Weil es trotz allem auch diese Momente gibt, in denen dein Kind quietschvergnügt durch den Park rennt. Oder dich mit großen Augen anschaut, wenn es etwas Neues entdeckt. Oder einfach nur deine Hand nimmt und sagt: „Komm, Papa.“

Dann denkst du kurz nicht mehr an die verlorenen Socken, den Pfützen-Sprung oder das dreißigminütige Anziehen. Dann ist alles gut.

Bis zum nächsten Mal. Wenn du wieder glaubst, dass „Wir gehen gleich raus“ ein realistisches Ziel ist.

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